In diesem Jahr erinnern wir uns an Willy Anker anlässlich seines 125. Geburtstags am 17.01.1895, seines 50. Todestags am 04.06.1960, und des 65. Jahrestags seines Aufrufs zur Befehlsverweigerung vom Rathausbalkon am 6. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes in Meißen.
VVN/BdA, die SPD und DIE LINKE gründeten eine Initiativgruppe zur Ehrung von Willy Anker.
Auch Peter Sodann, Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Gerhard Besier, Prof. Dr. Klaus Kinner sowie Ankers Enkelin Dr. med. Monika Rösler und weitere Persönlichkeiten unterstützen dieses Anliegen.
Willy Anker war von 1923 bis 1933/45 SPD-Ortsvorsitzender. 1933 im KZ Burg Hohnstein interniert, wurde er fortan überwacht und 1944 nach dem Hitler-Attentat erneut verhaftet. Sein Widerstandswillen blieb ungebrochen.
Aus einer Reihe von illegal tätigen Nazigegnern, die im April/Mai 1945 Unheil von Meißen abwenden wollten, traten Superintendent Herbert Böhme und der Sozialdemokrat Willy Anker unverhüllt offen hervor.
Am 27. April 1945 bat Herbert Böhme, begleitet von den Pfarrern F. Schroeter und K. Hoffmann sowie von Studienrat Dr. S. Lorenz, den NS-Bürgermeister Kaule und SS-Kampfkommandanten Voß, von der Verteidigung Meißens abzusehen. Vom NSDAP-Kreisleiter wurde er dafür zum Tode verurteilt, am 2. Mai zur Hinrichtung nach Dresden gebracht und am 7. Mai, weil die Rote Armee nahte, freigelassen. Die beiden Pfarrer und Dr. Lorenz entkamen ihrer Verhaftung.
Am 6. Mai 1945 verschaffte sich Willy Anker, begleitet vom jungen Nazigegner Friedrich Walter, Zutritt zur Ratssitzung über die nun befohlene Vollevakuierung und Verteidigung. Von einem Offizier mit sofortigem Standrecht bedroht, verlangte er den Verzicht auf diese Befehle. Anker ging noch einen Schritt weiter: Nachdem der Offizier den auf dem Markt wartenden Meißnern die sofortige Flucht befohlen hatte, rief Anker die Einwohner zur Befehlsverweigerung auf. Nur die plötzliche Abberufung des Offiziers rettete ihm das Leben. Die Flucht unterblieb. Kampflos zog die Rote Armee in Meißen ein.
1975 brachte man eine Gedenktafel an den 6. Mai 1945 am Rathaus an, auf der Anker jedoch politisch instrumentalisiert wurde und die Tat Herbert Böhmes unerwähnt blieb. Diese Tafel wurde 1991 entfernt. Das war nicht gegen Anker, sondern gegen seinen propagandistischen Missbrauch gerichtet.
Die Stadt dankte Herbert Böhme, indem sie 1987 eine Straße nach ihm benannte. Im Dom gibt es eine Gedenktafel an ihn.
Doch im Jahre 2006 verhinderten schwere Beschuldigungen gegen Willy Anker, die sich dann als haltlos erwiesen haben, ein erneuertes, wahrheitsgemäßes Gedenken an ihn, obwohl seine Tat vom 6. Mai 1945 einen letzten Anstoß zur Auflösung der Meißner NS-Herrschaft gab und viele Menschen davor bewahrte, auf einer Flucht ins Ungewisse manches Leid und vielleicht auch den Tod hinnehmen zu müssen.
Wir begrüßen daher das Vorhaben des Verwaltungsausschusses des Stadtrates, mit den Stadträten einen Beschluss über eine Gedenktafel für Willy Anker und Herbert Böhme vorzubereiten. Die VVN/BdA, die ihre Gründungsmitglieder Anker und Böhme vertritt,
schlägt vor, sie zum 6. Mai 2010 im Foyer des Rathauses anzubringen, wie es Ehrenbürger Helmut Reibig angeregt hatte.
Wir planen für Anfang Mai eine Veranstaltung, auf der u. a. neue Erkenntnisse über das dramatische Frühjahr 1945 vorgetragen werden sollen.
Unser Ortschronist Gerhard Steinecke wird eine Biographie Willy Ankers veröffentlichen.
Wir schlagen ferner vor, im Stadtmuseum eine Dauerausstellung über die Zeit von 1933-1945 in Meißen einzurichten.
Die Sprecher der Initiativgruppe:
Matthias Rost, Rudi Richter, Bernd Matthes und Andreas Graff